Der Devisenhandel befindet sich im Wandel. Technologische Innovationen wie Automated Market Maker (AMM) Protokolle und Blockchain-Technologien gewinnen zunehmend an praktischer Bedeutung und haben das Potenzial, die Effizienz und Funktionsweise des globalen Finanzmarkts nachhaltig zu verändern. In diesem Beitrag beleuchten wir insbesondere die Rolle von AMMs und digitalen Währungen, wie beispielsweise dem Wholesale Central Bank Digital Currencies (wCBDCs), im globalen Devisenmarkt.
Der Devisenmarkt, auch als Forex oder FX bekannt, ist einer der größten und liquidesten Märkte der Welt. Jeden Tag werden Devisen für Milliarden von US-Dollar gehandelt. Trotz dieser enormen Größe bestehen weiterhin Ineffizienzen wie hohe Transaktionskosten und verschiedene Risiken durch Intermediäre. Genau hier setzt ein Projekt namens Mariana an – ein Proof of Concept, das von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) gemeinsam mit der Banque de France, der Monetary Authority of Singapore und der Schweizerischen Nationalbank entwickelt wurde. Es untersucht die Machbarkeit eines globalen Interbankenmarktes für den Devisenhandel, der durch den Einsatz von AMMs und wCBDCs effizienter gestaltet werden könnte.
Die Idee hinter Projekt Mariana besteht darin, eine transnationale, blockchain-basierte Netzwerkarchitektur zu verproben. In dieser Architektur zirkulieren wCBDCs, die von Zentralbanken an Geschäftsbanken ausgegeben werden, in einem zentralen Liquiditätspool und werden über „Bridges“ in verschiedene Währungsräume transferiert. Diese Liquiditätspools werden von AMMs verwaltet, die durch festgelegte Bewertungslogiken die automatische Ausführung und sofortige Abwicklung von FX-Transaktionen ermöglichen.
Automated Market Makers (AMMs) sind Protokolle oder Algorithmen, die auf Smart Contracts dokumentiert werden. Sie ermöglichen den automatisierten Handel ohne zentrale Betreiber oder Intermediäre. Anders als bei traditionellen Börsen, bei denen ein zentraler Marktplatz für Liquidität sorgt, wird dies bei dezentralen Börsen direkt über die Nutzer der Plattform bereitgestellt. Jeder Nutzer kann Liquidität in sogenannte Pools einbringen und so zum Funktionieren des Systems beitragen. AMMs werden zur dynamischen Preisbildung im Pool eingesetzt, sodass die Verfügbarkeit von hinterlegten Assets zu jederzeit gewährleistet werden kann.
Im Rahmen des Mariana-Projekts wurden AMM erfolgreich eingesetzt, um den automatisierten Handel und die sofortige Abwicklung von FX-Transaktionen zwischen wCBDCs wie Schweizer Franken, Euro und Singapur-Dollar zu ermöglichen. Diese Automatisierung reduziert die Transaktionskosten und -risiken durch eine schlankere Struktur und beschleunigt den Handel, was sowohl für die beteiligten Banken als auch für deren Kunden von Vorteil ist.
AMM-Protokolle ermöglichen es Nutzern, grundsätzlich jedes beliebige Asset gegen ein anderes Asset im Liquiditätspool zu tauschen, wobei die relativen Preise auf Basis der vorhandenen Mengen festgelegt werden – der sogenannten Bonding Curve.
Grafik A veranschaulicht schematisch die Funktionsweise einer dezentralen Börse mit AMM-Protokoll und Liquiditätspool. Ein Nutzer, der Liquiditätsgeber, zahlt 3.000 Einheiten von Assets A und eine Einheit von Asset B ein. Erhält hierfür einen Anspruch auf den Pool in Höhe von 10% des Gesamtpools.
Ein weiterer Nutzer, der Liquiditätsnehmer, möchte eine Einheit von Asset B aus dem Pool erhalten. Der AMM ermittelt mittels der Bonding Curve, dass diese Einheit derzeit 3.333 Einheiten von Asset A kosten würden (Tauschwert + Transaktionsgebühr).
Die nachfolgende Transaktion verändert die Zusammensetzung des Gesamtpools und erhöht den absoluten Wert des Pools um den Betrag der Gebühr. Dadurch erhöht sich auch der rechnerische Wert (in EUR) des Pools und folglich anteilig der Wert des „Liquiditätsgebers“.
Grafik A: Illustratives Beispiel für eine dezentrale Börse mit Liquiditätspool
Dies scheint ein sicheres Geschäft für den Liquiditätsgeber zu sein. Allerdings kann auch der Liquiditätsgeber Verluste erleiden, wenn der relative Preis der beiden Assets an anderen Handelsplätzen stark von dem durch die Bonding Curve bestimmten Preis abweicht. Der Verlust entsteht, wenn ein Liquiditätsnehmer die im Wert gestiegenen Assets abzieht, wodurch der Liquiditätsgeber auf anderen Märkten schlechter dasteht, als wenn er seine Mittel außerhalb des Pools gehalten hätte. Die Transaktionsgebühren reichen in der Regel nicht aus, um diesen Verlust auszugleichen (sog. Impermanent Loss).
Die AMM bieten jedoch in effizienten Kapitalmärkten mehrere Vorteile gegenüber klassischen Orderbüchern:
Die technologische Grundlage von Projekt Mariana basiert auf einer mehrschichtigen Blockchain-Architektur, die sowohl Layer-2- (L2) als auch Layer-3-Lösungen (L3) integriert. Diese Architektur ist entscheidend, um Skalierbarkeits- und Effizienzprobleme im globalen Finanzmarkt zu bewältigen.
Automated Market Makers, die ursprünglich in der dezentralen Finanzwelt (DeFi) entwickelt wurden, bieten Banken und Kunden eine völlig neue Methode der Preisfindung und Liquiditätsbereitstellung. Im traditionellen Finanzwesen übernehmen Market Maker die Rolle von Vermittlern, die Kauf- und Verkaufsaufträge zusammenführen. Bei AMMs wird dieser Prozess vollständig automatisiert, was nicht nur Kosten reduziert, sondern auch den Handel beschleunigt und menschliche Fehler minimiert.
Für Banken bedeutet der Einsatz von AMMs, dass sie den Handel und die Abwicklung von FX-Transaktionen effizienter gestalten können. Transaktionen können in Echtzeit über die Blockchain abgewickelt werden, was zu erheblichen Kostensenkungen und einer Beschleunigung des Prozesses führt. Besonders in Zeiten hoher Volatilität ist dies entscheidend, um Risiken zu minimieren und schnelle Entscheidungen zu treffen.
Auch für Kunden bieten AMMs zahlreiche Vorteile. Sie profitieren von niedrigeren Transaktionskosten, einer klaren und vorhersehbaren Gebührenstruktur sowie einer höheren Transparenz. Im Gegensatz zu traditionellen FX-Transaktionen, die oft durch versteckte Gebühren belastet sind, bieten AMM-Protokolle transparente und nachvollziehbare Gebühren, die in Smart Contracts festgelegt sind. Zudem ermöglicht die Blockchain-Technologie den Kunden, den Status ihrer Transaktionen jederzeit nachzuvollziehen, was das Vertrauen in den Handel stärkt.
Trotz der zahlreichen Vorteile stehen Banken und Finanzinstitute vor Herausforderungen. Eine der größten Hürden ist die Einhaltung regulatorischer Vorgaben. Neue Technologien müssen sorgfältig auf bestehende Gesetze abgestimmt werden, um die Sicherheit der Nutzer und die Integrität des Systems zu gewährleisten.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Sicherstellung der Interoperabilität zwischen verschiedenen Blockchain-Netzwerken. Der globale Devisenmarkt ist fragmentiert, und verschiedene Länder nutzen unterschiedliche Technologien. Damit die neuen Systeme effizient miteinander kommunizieren können, müssen einheitliche Protokolle und Standards entwickelt werden. Ein erster Schritt in diese Richtung ist das ERC-6123 Protokoll.
Nicht zuletzt erfordert die Implementierung von AMMs und Blockchain-Lösungen eine erhebliche Investition in die technologische Infrastruktur sowie in die Schulung der Mitarbeitenden. Banken müssen sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden die neuen Systeme effizient nutzen können, um das Potenzial dieser Technologien voll auszuschöpfen.
Unsere Experten bei Horn & Company stehen Ihnen gern persönlich zur Verfügung, um die Implikationen auf Ihr Geschäftsmodell zu besprechen. Kontaktieren Sie uns noch heute, um Ihre Möglichkeiten im Umfeld digitaler Assets und dezentralen Payment-Lösungen zu erfahren.
Philipp Misura
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