#crypto #memecoins
„Such Wow!“ „Much big!“ – diese oder ähnliche Statements zierten vor über einem Jahrzehnt vermehrt Memes, die über Social Media weltweit viral gegangen sind, und werden auch heute noch häufig verwendet. Dieser Trend, bei dem ein Shiba Inu Hund eine zentrale Rolle spielte, machte auch vor der Kryptowelt nicht Halt und ebnete den Weg für die sogenannten Memecoins. Diese haben auf der einen Seite eine loyale und mächtige Anhängerschaft, ziehen gleichzeitig aber auch viel Kritik auf sich. Wer sich im Kryptoumfeld bewegt, kommt zwangsläufig mit Memecoins in Berührung. Daher haben wir uns gefragt “Who let the Doge out?” und nachfolgend die Entstehung der Memecoins für Sie nachgezeichnet.
In der breiten Öffentlichkeit sind Kryptowährungen weiterhin vor allem als sehr spekulatives Investment gesehen – was zunächst auch ein faires Assessment ist. Darüber hinaus schwingt jedoch in großen Teilen der Bevölkerung eine inhärente Skepsis mit, die auch auf die zugrundliegende Technologie der Blockchain abstrahlt. Wer in den Konzepten und Begrifflichkeiten rund um diese Themen nicht versiert ist, lässt sich davon leicht beeinflussen und läuft Gefahr, diese gänzlich abzuschreiben.
Skeptiker von Kryptowährungen stützen sich hierbei gerne auf Memecoins und führen die stark von Hype getriebenen Preisentwicklungen in diesem Marktbereich als Beweis dafür an, dass auch andere Kryptowährungen in ihrem Wert überschätzt und als ernsthafte Anlage ungeeignet sind. Zudem kommt es insbesondere im Bereich der Memecoins immer wieder zu weitreichenden Scams, die dem Ruf und dem Vertrauen in Kryptowährungen im Allgemeinen massiv schaden.
Erst Anfang dieses Jahres machten Memecoins wieder auf sich aufmerksam, nachdem sie im ersten Quartal 2024 die höchsten Returns in der Krypto-Welt verzeichneten, mit einem Durchschnitt von 1312,6% bezogen auf die Haupt-Memecoins. In diesem Artikel wollen wir deshalb Memecoins einmal genauer unter die Lupe nehmen und diesen Markt verstehen, der im Jahr 2013 mit dem Dogecoin startete und aktuell rund 40 Mrd. USD an Marktkapitalisierung umfasst – bei einem täglichen Handelsvolumen von knapp 5 Mrd. USD (Stand 20.08.2024).
Was ursprünglich einmal als Scherz gedacht war, entwickelte sich unerwartet zu einem „Hype“, der in kürzester Zeit viral ging, eine große Community entwickelte und auch heute noch der Memecoin mit der größten Marktkapitalisierung ist: der Dogecoin.
Im Dezember 2013 erschufen die Softwareentwickler Billy Markus und Jackson Palmer den Dogecoin als Parodie auf den Kryptowährungsboom. Technisch gesehen ist er ein Fork von Luckycoin, das wiederum ein Fork von Litecoin ist. Forks entstehen dann, wenn auf Basis einer Änderung am Regelwerk der Blockchain eine Abspaltung stattfindet. Litecoin basiert auf dem Bitcoin-Protokoll, verwendet jedoch den Scrypt-Algorithmus für das Mining. Im März 2014 wurde der zunächst aufgesetzte Random Reward Schedule in einen Consistent Reward Schedule abgeändert und reihte sich somit in die bereits von Bitcoin und anderen Alt-Coins bekannte Systematik ein. Die ursprüngliche Wahl eines Random Reward Schedules für das Mining sollte den Parodie-Charakter von Dogecoin unterstreichen – ebenso wie die alternative Bezeichnung für das Mining, welches im Kontext von Dogecoin mit „Digging“ betitelt wird.
Trotz seines humorvollen Ursprungs entwickelte sich Dogecoin schnell zu einer ernstzunehmenden Kryptowährung, unterstützt von einer engagierten Community mit einem Image als „crypto for the people“. Auf Reddit konnten beliebte Kommentare sogar mit Dogecoin entlohnt werden. Der Hype um Dogecoin griff schnell um sich, und bereits einen Monat nach Launch des Coins überstieg das Volumen im Januar 2014 kurz das Handelsvolumen aller anderen Kryptowährungen inkl. Bitcoin.
Eine weitere Welle des Hypes erfuhr der Dogecoin im Jahr 2021, als Elon Musk über mehrere Wochen permanent den Dogecoin auf Twitter bewarb. In dieser Zeit erreichte der Coin seinen Höchstwert von $0.7316. Seither ist der Wert zwar wieder auf einem deutlich niedrigeren Level angekommen, trotzdem spielt Dogecoin weiterhin eine beachtliche Rolle mit der aktuell höchsten Marktkapitalisierung unter den Memecoins (15,1 Mrd. USD am 20.08.2024). Die Anzahl der Memecoin-Projekte wächst stetig und liegt aktuell bei rund 2.000, von denen etwa die Hälfte liquide ist, sprich aktiv getraded wird. Zuletzt machte mit dogwifhat ein weiterer Hund-basierter Memecoin auf sich aufmerksam.
Jetzt noch einmal Scherz (und Kritik) beiseite: Können Memecoins mit anderen Kryptowährungen gleichgesetzt werden? Welche Vor- und Nachteile bieten diese für interessierte Investoren? Wir haben für Sie noch einmal die wesentlichen Unterschiede herausgearbeitet.
Wie bereits deutlich zu erkennen war: Memecoins lassen sich selbstverständlich nicht mit konventionellen Kryptowährungen wie Bitcoin, Etherium, Solana etc. vergleichen. Krypto ist eben nicht gleich Krypto. Die Unterschiede diskutieren wir anhand von vier Dimensionen:
Konventionelle Kryptowährungen werden in der Regel entwickelt, um spezifische Probleme zu lösen oder technologische Innovationen zu bieten, wie etwa dezentrale Finanzlösungen, Smart Contracts, Datenschutz oder schnelle und kostengünstige Transaktionen. Sie entstehen aus ernsthaften technologischen oder wirtschaftlichen Überlegungen mit klar definierten Zielen und Anwendungsfällen, was ihnen einen fundamentalen Wert gibt, der hinter der Kryptowährung steht. Dadurch haben sie grundsätzlich das Potenzial, auch langfristig bestehen zu bleiben und im Mainstream angenommen zu werden.
Im Gegensatz dazu entstehen Memecoins meist aus viralen Internetphänomenen und haben oft keine ernsthaften technologischen Innovationen oder praktischen Anwendungen im Sinn, sondern sind primär zu Unterhaltungszwecken entwickelt. Ein fundamentaler Wert ist nicht zu erkennen, der Preis wird in besonderem Maße von Hypes in der starken Internet-Community getrieben. Dieser fehlende Fundamentalwert ist der entscheidende Punkt, an dem sich Memecoins von konventionellen Kryptowährungen unterscheiden, und auch die im folgenden aufgeführten Punkte stehen hiermit in engem Zusammenhang.
Für konventionelle Kryptowährungen werden regelmäßig eigene Blockchain-Protokolle entwickelt oder bestehende innovativ erweitert, um neue Funktionen zu ermöglichen. Insbesondere bezüglich der Skalierbarkeit, Sicherheit/Datenschutz oder auch der Energieeffizienz werden Verbesserungen durch technologische Fortschritte angestrebt.
Memecoins nutzen häufig vorhandene Blockchain Plattformen und bestehende Standards ohne signifikante technologische Neuerungen. Die bekanntesten Blockchains für Memecoins sind Ethereum (aktuell Basis für ca. 45% der Memecoins) und Binance Smart Chain. Der Dogecoin ist wie bereits erwähnt an die Bitcoin-Blockchain angelehnt. Auch Solana und Arbitrum spielen bei Memecoins eine große Rolle. Wichtige Faktoren für die Wahl der zugrundeliegenden Technologie sind bei Memecoins insbesondere niedrige Transaktionskosten und schnelle Transaktionszeiten.
Eine vergleichsweise hohe Volatilität ist ein inhärentes Merkmal des Kryptowährungsmarktes, auch bei den konventionellen Kryptowährungen. Während natürlich auch hier Hype und Spekulation eine beachtliche Rolle spielen (können) und dies in der Vergangenheit regelmäßig getan haben, so basieren Preisbewegungen insbesondere in der langen Frist auch auf fundamentalen Entwicklungen und technologischem Fortschritt. Die Volatilität der konventionellen Kryptowährungen übertragt sich allein schon deshalb auch auf Memecoins, da letztere wie beschrieben häufig ohne große Modifikationen auf die gleichen Technologien abstellen.
Die hohe Korrelation der Preisentwicklungen der beiden Krypto-Arten ist also keine große Überraschung. Trotzdem kann festgestellt werden, dass Memecoins oft noch einmal deutlich anfälliger für schnelle Preisschwankungen sind. Der Einfluss von Online-Communities und sozialen Medientrends kann zu extremen Ausschlägen führen, was sowohl Chancen als auch Risiken für Investoren schafft. Dies macht insbesondere auch das bereits erwähnte Beispiel von Dogecoin und den Tweets von Elon Musk deutlich. Insgesamt ist der Markt für Memecoins zudem deutlich liquider, was ebenfalls die höhere Volatilität befeuert: so lag beispielsweise im März 2024 die Turnover Rate – also der Quotient aus Handelsvolumen zu Marktkapitalisierung – bei Memecoins bei 77%, während er für Bitcoin lediglich 1,8% betrug.
Trotz ihrer volatilen Natur halten viele Investoren konventionelle Kryptowährungen wie Bitcoin auch als Wertspeicher und Absicherung gegen Inflation. Ethereum kann durch seine Smart-Contract-Funktionalität die Erstellung dezentraler Anwendungen ermöglichen und somit nachhaltig reale Anwendungsfälle generieren, was eine langfristige Wertsteigerung vermuten lässt, sollte sich die dort etablierte Technologie als Standard weiter durchsetzen. Daher sind konventionelle Kryptowährungen – die zudem deutlich professioneller vermarktet werden als Memecoins – ein beliebtes Vehikel auch für langfristige Investments.
Im Gegensatz dazu ist die Memecoin Szene stark von kurzen Haltedauern und folglich einer hohen Handelsfrequenz geprägt, was auch Auswirkungen auf den Lebenszyklus von Memecoin Projekten hat. Insgesamt geht es den Investoren bei einem Großteil dieser Memecoins meist darum, einen Glücksgriff zu landen und schnell hohe Profite einzufahren. Viele dieser Projekte scheitern bereits nach wenigen Tagen und der Handel kommt zum Stillstand. Schätzungen zufolge schaffen lediglich ca. 2% der täglich neu in Umlauf gebrachten Tokens den Weg in eine bekannte Börse. Das stark verbreitete Scamming mithilfe von Memecoins trägt ebenfalls maßgeblich zu diesem Umstand bei. Doch auch hier gibt es positive Gegenbeispiele, allen voran der Dogecoin, der alles begann. Besonders medienwirksam war ein in 2014 über die Dogecoin Foundation organisierter Spendenaufruf, um dem jamaikanischen Bobfahrer-Team eine Teilnahme an den Olympischen Winterspielen 2014 zu finanzieren. Ein weiterer über Dogecoin organisierter Spendenaufruf unterstützte Wasserprojekte in Kenya. Auch über andere Memecoins gab es seither immer mal wieder Spendenaktionen, deren Erlöse wohltätigen Zwecken zugutekamen.
Ein abschließendes Urteil über Memecoins zu fällen ist somit alles andere als trivial. Auf der einen Seite handelt es sich hier um einen Markt mit höchst spekulativen Instrumenten ohne inhärenten Wert, der in besonderem Maße von Hypes geprägt ist und zugleich von Betrügern leicht ausgenutzt werden kann. Hinzu kommt, dass sämtliches Geld, welches in Memecoins gebunden ist, die Liquidität aus anderen, konventionellen Kryptowährungen abzieht, die eine Weiterentwicklung von DeFi-Projekten und der Blockchain-Technologie verfolgen.
Auf der anderen Seite kann das Argument angebracht werden, dass dieses aktuell in Memecoins angelegte Geld für konventionelle Kryptowährungen gar nicht zwingend zur Verfügung stehen würde. Der humoristische Ursprung und anschließende Erfolg von Memecoins sind letztlich auch als Ausdruck einer Community zu verstehen, die dem von Internet-Phänomenen ausgelöstem teils globalem Gemeinschaftsgefühl einen hohen Stellenwert zuschreiben. Hierüber finden auch Anleger Zugang zu Kryptowährungen und der Blockchain Technologie, die sich von konvetionellen Kryptowährungen mit ihrem professionellen und in der Regel sehr technischen Image zunächst nicht angesprochen fühlen.
Am Ende bleibt bei aller berechtigten Skepsis und Kritik gegenüber Memecoins festzuhalten, dass diese in großen Teilen auf konventionelle Kryptowährungen nicht 1:1 übertragen werden sollten. Hauptgrund hierfür ist, dass konventionelle Kryptowährungen einen inhärenten Wert besitzen. Investoren sollten sich der Unterschiede und Risiken bewusst sein, bevor sie in Memecoins oder konventionelle Kryptowährungen investieren. Während konventionelle Memecoins eine unterhaltsame und potenziell lukrative Ergänzung zu einem diversifizierten Portfolio sein können, bieten konventionelle Kryptowährungen eine stabilere und technologisch fundierte Investitionsmöglichkeit.
P.S.: Den berühmten Meme-Hund „Kabosu“ gab es wirklich, er verstarb dieses Jahr.
Disclaimer: Dieser Beitrag dient ausschließlich der Information und Wissensvermittlung und stellt keine Anlageempfehlung dar.
Julia Knolle
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Martin Rupprecht
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