Drei Jahre eWpG: Der Einfluss auf die digitale Finanzwelt

#crypto #regulation #eWpG #digitalassets

Am 10. Juni 2024 feiert das Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) Geburtstag und wird 3 Jahre alt. Wir nutzen die Gelegenheit und gratulieren mit einer kleinen Rückschau, in der wir diskutieren, welchen Einfluss das eWpG bereits auf die digitale Finanzwelt hatte und was in Zukunft noch zu erwarten ist.

1. Kryptowertpapiere – Eine Bestandsaufnahme

Von Januar bis Mai 2024 wurden gemäß der von der BaFin veröffentlichten Kryptowerpapierliste nach eWpG 20 Kryptowertpapiere emittiert, nachdem es im Jahr 2023 insgesamt 48 Kryptowertpapiere waren. 

Während nach Inkrafttreten des eWpG im Jahr 2021 bis einschließlich 2023 zunächst ein starkes Wachstum zu verzeichnen war, ist derzeit eine Abschwächung auf 52 Emissionen (lineare Extrapolation der bisherigen Emissionen) im Jahr 2024 zu erwarten.

Ein möglicher Grund für die insgesamt geringe Anzahl an Emissionen und die Abschwächung der Wachstumsrate könnte der Ausschluss von Kryptowertpapieren vom Effektengiro bei einem Zentralverwahrer sein, da dies nur für Zentralregisterwertpapiere mit einer Wertpapiersammelbank als Registerführer und Inhaber vorgesehen ist. Damit besteht keine Börsenfähigkeit und der Handel von Kryptowertpapieren kann nur außerbörslich (OTC) erfolgen. Interessanterweise war diese Einschränkung bereits Thema in den Stellungnahmen zum Referentenentwurf des eWpG, in denen diese Problematik zum Teil antizipiert wurde. Um den Wachstumsprognosen gerecht zu werden, müssen jedenfalls weitere Potenziale gehoben werden.

2. Das Gesetz über elektronische Wertpapiere

Der Startschuss für elektronische Wertpapiere fiel 2019, als die Bundesregierung ihre Blockchain Strategie veröffentlichte. Ziel der Strategie ist es, Rahmenbedingungen für Innovationen auf Basis der Blockchain-Technologie zu schaffen. Mit dem Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) wurde im Juni 2021 die Loslösung von der physischen Begebungsform mittels Papierurkunde durch die Einführung elektronischer Wertpapiere vollzogen. Auch wenn Wertpapiere in der Regel in Girosammelverwahrung bei einem Zentralverwahrer verwahrt werden und die Inhaberschaft durch elektronische Buchungen auf Depotkonten im Rahmen des Effektengiroverkehrs abgebildet wird, ist dennoch eine physische Globalurkunde erforderlich, die beim Zentralverwahrer hinterlegt wird. Im Gegensatz dazu tritt bei elektronischen Wertpapieren die Eintragung in ein elektronisches Wertpapierregister an die Stelle der Globalurkunde. Hinsichtlich der Rechtswirkung sind beide Begebungsformen jedoch gleichwertig. Dies gilt insbesondere für den gutgläubigen Erwerb. Dies mag auf den ersten Blick als juristische Nebensächlichkeit erscheinen, trägt aber wesentlich dazu bei, dass elektronische Wertpapiere im Gegensatz zu gewöhnlichen Security Token Rechtssicherheit für alle Beteiligten schaffen.

Elektronische Wertpapiere waren bei Einführung zunächst auf Inhaberschuldverschreibungen beschränkt. Darunter fallen beispielsweise klassische Anleihen, Optionsscheine, Commercial Papers sowie Zertifikate. Mit dem Inkrafttreten der Verordnung über Kryptofondsanteile am 18. Juni 2022 wurde der Anwendungsbereich in einem zweiten Schritt auf Fondsanteile erweitert. Die letzte und wohl einflussreichste Erweiterung erfolgte Anfang 2024 mit dem Gesetz zur Finanzierung von zukunftssicheren Investitionen (ZuFinG). Durch das ZuFinG wurden Namensaktien und auf Zentralregister beschränkte Inhaberaktien in das eWpG mit aufgenommen. Damit wird nun ein breites Spektrum an Finanzinstrumenten vom eWpG erfasst.

Neben der zuvor erläuterten Neuerung hinsichtlich der Begebungsform führt das eWpG zwei Formen elektronischer Wertpapiere ein – Zentralregisterwertpapiere und Kryptowertpapiere. Die Klassifizierung richtet sich dabei nach dem zugrunde liegenden elektronischen Wertpapierregister, in welchem die Eintragung erfolgt. Die beiden Formen adressieren dabei unterschiedliche Use Cases.

Zentralregisterwertpapiere können sowohl von einem Zentralverwahrer als auch von einer durch den Emittenten ermächtigten Depotbank verwahrt werden, welche jeweils das zugrunde liegende zentrale Register führen. Faktisch wirkt sich diese Änderung am stärksten auf den deutschen Zentralverwahrer Clearstream AG aus, der mit seiner neuen Plattform D7 für die Emission digitaler Wertpapiere bereits auf das eWpG reagiert hat. Der bisherige Prozess ändert sich dabei nur in Bezug auf die nicht mehr benötigte physische Globalurkunde. Alle weiteren Abwicklungsprozesse und Buchungen erfolgen unverändert in der bisherigen elektronischen Form. Das eWpG trägt somit dazu bei, die Digitalisierung der Wertpapieremission voranzutreiben und eine der letzten physischen Notwendigkeiten – die Ausstellung einer Urkunde – in das digitale Zeitalter zu überführen.

Anders verhält es sich mit der Einführung von Kryptowertpapieren. Hiermit adressiert das eWpG den eigentlichen Kern DLT-basierter digitaler Assets. Kryptowertpapiere werden durch Eintragung in ein Kryptowertpapierregister begeben. Ein Kryptowertpapierregister ist hierbei auf einem fälschungssicheren Aufzeichnungssystem zu führen, in dem Daten in der Zeitfolge protokolliert und gegen unbefugte Löschung sowie nachträgliche Veränderung geschützt gespeichert werden. Auch wenn der Gesetzgeber eine technologieoffene Formulierung gewählt hat, dürfte sich aus heutiger Sicht die Distributed Ledger Technologie (DLT) mit der Blockchain als prominentestem Beispiel als führende Lösung etablieren. Des Weiteren ist das Feld der möglichen registerführenden Stellen nicht nur auf Zentralverwahrer und Depotbanken beschränkt. Allerdings stellt die Kryptowertpapierregisterführung eine zulassungspflichtige Finanzdienstleistung gemäß dem Kreditwesengesetz dar, für die es eine Erlaubnis der BaFin bedarf.  Neben technischen Vorgaben für elektronische Register im Allgemeinen und Kryptowertpapierregistern im Besonderen legt das eWpG auch fest, dass jeder Emittent Veröffentlichungspflichten im Bundesanzeiger zu erfüllen hat. Zusätzlich muss die BaFin eine öffentliche Liste aller ihr mitgeteilten Kryptowertpapiere führen. Diese Liste gibt Aufschluss darüber inwieweit Kryptowertpapiere heute, drei Jahre nach Inkrafttreten des eWpG, in der Finanzwelt angekommen sind.

3. MiCAR & elektronische Wertpapiere

Ab dem 30. Dezember 2024 wird die europäische Verordnung über Märkte für Kryptowerte (Markets in Crypto-Assets Regulation, kurz MiCAR) in Kraft treten und die Regulierung digitaler Assets neu regeln. Sind hierbei auch Änderungen für elektronische Wertpapiere zu erwarten?

Wie bereits in einem unserer früheren Blog-Beiträge erläutert, wird dies weder für Zentralregisterwertpapiere noch für Kryptowertpapiere der Fall sein. Entscheidend ist, dass die MiCAR nur für Kryptowerte gelten wird, die nicht bereits von bestehenden EU-Regulierungen erfasst werden. Da elektronische Wertpapiere gemäß eWpG jedoch dieselbe Rechtswirkung wie klassische Wertpapiere aufweisen und sich nur in der Begebungsform unterscheiden, sind sie als Finanzinstrumente von der MiCAR ausgenommen.

4. FAZIT und Ausblick

Wo stehen wir also nach drei Jahren eWpG? Seitens des Gesetzgebers ist festzuhalten, dass zumindest ein Teil der anfangs geforderten Änderungen, wie die Einbeziehung von Aktien, umgesetzt wurde. Probleme wie der bereits erwähnte ausschließliche außerbörsliche Handel von Kryptowertpapieren bestehen jedoch weiterhin. Hier besteht sicherlich noch Optimierungspotenzial, um einen standardisierten Handel von Kryptowertpapieren zu ermöglichen und diese schneller in die Breite zu tragen. Unterstützt wird diese These durch die Anzahl der emittierten Kryptowertpapiere, deren Wachstumsrate sich etwas abzuschwächen scheint. Um den Erwartungen des Marktes gerecht zu werden, bedarf es neuer Impulse.

Nichtsdestotrotz war die Einführung des eWpG ein wichtiger und richtiger Schritt für den Finanzplatz Deutschland um mit den digitalen Innovationen der globalen Finanzwelt Schritt zu halten. Die Vorteile der fortschreitenden Digitalisierung des Wertpapiergeschäfts sind zu groß und werden ihren disruptiven Charakter eher früher als später entfalten.

Umso wichtiger ist es sich rechtzeitig auf die neuen Möglichkeiten einer DLT-basierten Wertpapierwelt vorzubereiten und das eigene Geschäftsmodell zu überprüfen. Eine erfolgreiche Zukunftsstrategie kann dabei nur auf einer ganzheitlichen Analyse basieren, die Chancen, Risiken und die eigenen Ziele miteinander in Beziehung setzt.

Sie haben konkrete Fragen zum eWpG und Kryptowertpapieren?

Unsere Experten bei Horn & Company stehen Ihnen gerne persönlich zur Verfügung, um die Implikationen auf Ihr Geschäftsmodell zu besprechen. Kontaktieren Sie uns noch heute, um mehr über den Impact elektronischer Wertpapiere und Ihre Möglichkeiten im Umfeld digitaler Assets zu erfahren.

KONTAKT ZUM AUTOR

Dr. Alexander Otterpohl
E-Mail: alexander.otterpohl@horn-company.de

KONTAKT ZUM AUTOR

Leon Heyn
E-Mail: leon.heyn@horn-company.de


Ihr Tor zu Branchenkenntnissen und Expertenanalysen! Folgen Sie uns auf LinkedIn für exklusive Fachartikel und Einblicke.