Process Mining, Process Analytics, SAP Prozessanalyse, Prozesseffizienz
banner-publikationen-final

PROCESS MINING: DIE „BIG-DATA-REVOLUTION“

Die immer wiederkehrende Optimierung und fortlaufende Verbesserung der Geschäftsprozesse gehört zu den Klassikern des Managements – und ist gleichzeitig Garant für eine höchstmögliche Prozessqualität, Geschwindigkeit und Kosteneffizienz.

Spezifische Optimierungsinitiativen – also das fokussierte „Aufräumen und Verschlanken“ der Geschäftsprozesse – finden meist in Zeiten ausgeprägten Wachstums oder auch starken Kostendrucks statt – gerne aber auch vor oder bei großen Systemeinführungen. Dann muss es meistens sehr schnell gehen: Wie ist die KPI-Prozess-Performance, wo sind Schwachstellen, Leistungslücken und Ineffizienzen, wie müssen die Prozesse (und Strukturen) umgebaut werden, wie ist die Roadmap, was bringt es insgesamt und was kostet es.

Typischerweise setzen (auch sehr große) Unternehmen heute noch Methoden „der 90er Jahre“ ein. Eine solche „Prozessoptimierung 1.0“ erkennt man an detaillierten Prozesserhebungen in vielen funktionsübergreifenden Workshops, ausschnittsweisen Datenanalysen mit Excel und zeitintensiven Führungskräfte-Interviews. Mit anderen Worten: An einer hohen Belastung von Schlüsselfiguren in der Organisation, an langen Analysezeiträumen – und oft auch an einer „wackeligen“ Analysequalität.

Im Zuge der Digitalisierung der Geschäftsprozesse setzt Process Mining als zukunftsweisender Ansatz zur „4.0-Prozessoptimierung“ auf einer intelligenten Nutzung von „Big Data“ aus den Prozessen auf.

Process Mining – Die nächste (R-)Evolutionsstufe der Prozessoptimierung

Andere Lebensbereiche zeigen ein ähnliches Bild: Während Verletzungen und Krankheiten noch vor wenigen Jahrzehnten nur durch oberflächliches Abtasten untersucht werden konnten, ermöglichen Kernspintomographen heute äußerst klare Diagnosen für zielgerichtete Behandlungen. Process Mining ist in diesem Bild der Kernspintomograph für die Geschäftsprozessoptimierung: Process Mining wertet die von ERP- und anderen Datenverarbeitungssystemen generierten Massendaten aus, um Prozesse „in Gänze“ strukturiert und tiefgehend zu analysieren, um klare KPI-Potenziale zu identifizieren und wirksame Stoßrichtungen zur Optimierung abzuleiten. Und das in sehr kurzer Zeit – und mit nur wenigen Workshops. Eine typische „Kernspin-Analyse“ eines Geschäftsprozesses läuft dabei wie folgt ab:

1. Datenauswahl und -bereitstellung

Zunächst wird der zu analysierende Unternehmensprozesses „end-to-end“ abgegrenzt und die für die Analyse relevanten Systemdaten definiert. Von diese Daten wird dann ein Abzug für einen repräsentativen Zeitraum erstellt. Dieser wird im Anschluss gemäß den spezifischen Bedürfnissen aufbereitet und mit weiteren Informationen angereichert.

2. Prozessvisualisierung

Die Visualisierung der Prozessdaten zielt auf die Erzeugung eines klaren Bilds über den Zustand und die Komplexität des Prozesses. Dabei werden die die massenhaft durchlaufenden Vorgänge (z. B. Buchungen, Materialflüsse) auf Basis ihrer Zeitstempel zeitlich und bezüglich ihrer „Wege durch das Unternehmen“ strukturiert. Daraus ergibt sich sehr schnell der sogenannte „Happy Flow“ – also der Ablaufplan des automatisch erkannten, häufigsten Prozessdurchlaufes. Abhängig von der Zielsetzung kann die Visualisierung dann schrittweise bis zu einem „Full Picture“ aller möglichen Prozessdurchläufe erweitert werden.

3. Schwachstellenanalyse

Dieser Schritt zeigt Abweichungen von einem Idealzustand, also insbesondere „Sonderlocken“, „Wiederholschleifen“ oder zu hohe Durchlaufzeiten. Gleichzeitig können dadurch auch sofort die Ursachen für diese Probleme erkannt werden. Ein Prozess kann so sowohl auf Gesamtprozessebene (z. B. wie lange dauert der Prozessdurchlauf im Mittel und von Prozessschritt A bis Prozessschritt B) als auch auf Einzelprozessschrittebene (z.B. für welche Kunden und Produkte wird der Angebotspreis mehr als dreimal geändert) analysiert werden.

4. Maßnahmendefinition und Potenzialbewertung

Process Mining liefert ein klares Bild vom Zustand (Komplexitäten, Ineffizienzen) wie auch von den dahinter liegenden Ursachen. Daraus lassen sich sehr einfach Stoßrichtungen zur Optimierung ableiten, die dann auch geeignet sind, die „KPI-Performance“ des Prozesses bezüglich Zeit, Kosten und Qualität zu steigern. Es ist immer der Anspruch in Process-Mining-Projekten, die Verbesserung „in Euro“ und damit in ihren GuV- und Bilanzwirkungen zu bewerten – also z. B. „Mehr-Umsatz“, „Kostensenkung“ oder „Working Capital-Reduktion“. Selbstverständlich werden auch die erforderlichen Umsetzungsaufwendungen berechnet und alle Maßnahmen nach Priorisierung auf eine Roadmap zur Umsetzung gebracht.

Anwendungsspektrum und Beispiele

Mit Process Mining können Leistungssteigerungspotenziale entlang der gesamten Wertschöpfungskette jeder Branche aufgezeigt werden. Einzige Voraussetzung ist es, dass ein Prozess „digitale Spuren“ in den Systemen eines Unternehmens (z. B. ERP- oder CRM-Systeme, branchenspezifische Sondersysteme) hinterlässt. Typische Beispiele für den hohen Nutzen von Process Mining sind die Reduktion der Durchlaufzeiten für Kundenanfragen und -angebote, die Beschleunigung der Bearbeitung von Reklamationen, die Reduzierung des Bestandsvolumens durch optimierte Dispositionsprozesse oder die Senkung des Working Capital durch effizientere Order-to-Cash Prozesse. Zwei Beispiele:

Beispiel 1: Reduktion Working Capital durch Optimierung des Order-to-Cash Prozesses

Ein großes, familiengeführtes Logistikunternehmen konnte im Rahmen eines Process Mining Projekts hohe Potenziale zur Reduktion des Working Capital identifizieren und realisieren. Für jede einzelne an die Kunden gestellte Rechnung wurde der Durchlauf durch den Rechnungserstellungs- und Clearingprozess detailliert analysiert. Die aufbereiteten Ergebnisse dieser Analysen zeigen unter anderem, welche Teams oder Mitarbeiter die Rechnungen an den Kunden häufig verspätet stellen, welche Kunden ihr Zahlungsziel regelmäßig überschreiten und nicht angemahnt werden oder welchen Kunden zu lange Zahlungsziele eingeräumt werden. Basierend auf diesen Detailinformationen konnten anschließend gezielt Prozesse angepasst und mit Kunden und Mitarbeitern an den jeweiligen Herausforderungen gearbeitet werden, um so eine hohe, schnelle und nachhaltige Verbesserung zu erzielen.

Beispiel 2: Beseitigung manueller Zusatzarbeiten im Purchase-to-Pay Prozess

Der Purchase-to-Pay Prozess ist ein weiterer typischer Prozess, in dem mittels Process Mining hohe Effizienzpotenziale realisiert werden konnten. Ein häufig auftretendes Problem in diesem Prozess waren mehrere zehntausend Preisänderungen, die nach der eigentlichen Auftragserstellung durchgeführt werden mussten und pro Änderung oft mehrere Minuten manuellen Aufwand verursachten. Gleichzeitig führt die hohe Anzahl an Einzelvorgängen, beteiligten Personen und Lieferanten dazu, dass systematisch auftretende Ursachen für diese Preisänderungen nicht isoliert und abgestellt werden konnten. Durch Process Mining konnten die Ursachen für manuelle Preisänderungen untersucht und über Maßnahmen adressiert und behoben werden.

Eine Management-Agenda

Process Mining ermöglicht ein neues, noch nicht dagewesenes Niveau bezüglich Qualität, Geschwindigkeit und Ressourcenschonung bei der Prozessoptimierung. Die Optimierung von Geschäftsprozessen wandelt sich damit von einer „schwierigen Übung“ zu einer leichten und häufiger durchführbaren Managementaktivität. Aus unserer Erfahrung aus solchen Projekten ergeben sich folgende Anregungen für die Top-Management-Agenda:

1. Chancen des „Daten-Golds“ nutzen

Vielen Entscheidern ist nicht bewusst, welchen Datenschatz die unterschiedlichen Systeme im Unternehmen jeden Tag generieren. Jeder Geschäftsprozess hinterlässt heute massenhaft „digitale Spuren“ – und ist damit für eine Optimierung durch Process Mining erstklassig geeignet. Es ist dabei nicht einmal zwingend erforderlich, dass die Prozesse vollständig standardisiert ablaufen.

2. Veränderungsimpulse durch Leuchtturmprojekte erzeugen

Mit Process-Mining-Projekten können sehr schnell Erfolge erzielt werden. Process Mining ist somit nicht nur ein „Tool“ oder eine „Einmalaktion“ – sondern kann vielmehr zu einem zyklischen Managementansatz entwickelt werden, um die Geschäftsprozesse laufend auf „Top-Zustand“ zu bringen und zu halten. Erfolgreiche Leuchtturmprojekte in werttreibenden Prozessen liefern einen wichtigen Beitrag, die Chancen von Process Mining zu belegen und Geschäftsprozess-Optimierung als Daueraufgabe zu verankern.

3. Potenziale für alle Unternehmensbereiche erkennen

Um mit Process Mining nachhaltig erfolgreich zu sein, darf es nicht als bloße IT-Initiative verstanden werden. Im Rahmen der Datenbereitstellung und -aufbereitung kann die IT gleichwohl einen wichtigen Projektbeitrag leisten. Das Prozesswissen muss jedoch aus den Fachabteilungen beigesteuert werden – nur „Domänenexperten“ können erkennen, welche Prozessprobleme durch welche Optimierungsmaßnahmen behoben werden können. Process Mining wird somit zu einem neuen und wirksamen Ansatz, die unternehmerischen Zielsetzungen und Vorgaben aller Bereiche zu unterstützen.