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Vor kurzem wurde klar: Der Digitale Produktpass (DPP) kommt – aber wie? Am 23.04.2024 wurde der Vorschlag für die Ökodesign-Verordnung im europäischen Parlament angenommen. Was das genau bedeutet und in welchem (regulatorischen) Ausmaß für Unternehmen der Europäischen Union, das bleibt weiter abzuwarten.
Doch, es bedeutet in jedem Fall eines: Europäische Unternehmen werden in sehr naher Zukunft weitreichende Details zu Produkten offenlegen müssen, um zur Kreislaufwirtschaft beizutragen und für eine klimafreundliche Wertschöpfung zu sorgen. Und das in Form eines DPP.
Wir haben uns damit beschäftigt, wie die Umsetzung des DPP gelingen kann und welche Erfolgsfaktoren sich heute bereits ableiten lassen. Lesen Sie nachfolgend, in welchen Dimensionen Sie Ihre Transformation planen sollten!
Der digitale Produktpass (DPP) ist ein Datensatz, der Informationen zu den Komponenten, Materialien und chemischen Substanzen des Produktes enthält [1]. Dieser Datensatz enthält Informationen aus allen Phasen des Produktlebenszyklus, d.h. von der Rohstoffgewinnung über Design, Produktion und Nutzung bis zur Entsorgung oder Wiederverwendung, entlang der Wertschöpfungskette.
Ein Fokus ist dabei die Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Nachrüstbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten, sowie der Rezyklatanteil, die Energie- und Ressourceneffizienz, CO2-Emissionen, Wasser-, Boden- oder Luftverschmutzung, und die Herkunft der Materialien. Ziele des DPP sind mehr Transparenz für Konsumenten für eine bessere Kaufentscheidung, die Optimierung der Lieferkette (auch hinsichtlich nachhaltigkeitsbezogener Kriterien), Unterstützung von Compliance durch ein einfacheres Einhalten gesetzlicher Vorschriften, und vor allen Dingen auch die Förderung von nachhaltigen Produkten und der Kreislaufwirtschaft.
Der DPP stellt Unternehmen vor große Herausforderungen, birgt aber auch erhebliches Potenzial. Entscheidend dabei ist die Umsetzung. Im Folgenden beschreiben wir die, aus unserer Sicht, relevantesten vier Dimensionen: Regulatorik, Technologie, Prozesse & Strukturen und das Zusammenarbeitsmodell:
Zielgerichtete Umsetzung durch den DPP
Die Veröffentlichung der neuen Ökodesign-Verordnung (2023) im Rahmen des Europäischen Green Deals und der neuen Batterie-Verordnung (2020) sehen die Einführung von DPP zur Erhöhung der Transparenz produktbezogener Informationen entlang eines Produktlebenszyklus vor. Diese Informationstransparenz soll unter anderem zur besseren Kontrollierbarkeit der Einhaltung gesetzlicher Regulationen, zur besseren Planung und Umsetzung der Kreislaufführung (z. B. durch Vorbereitung zur Wiederverwendung oder Recycling) von Produkten und Materialien und zur informierten Verbraucherentscheidung für den Kauf oder die Nutzung ökologisch nachhaltigerer Produkte beitragen.
Nach Inkrafttreten der Ökodesign-Richtlinie (voraussichtlich Mitte 2024), wird die Europäische Kommission Produktregelungen zunächst für Möbel, Textilien und Schuhe, Eisen, Stahl, Aluminium, Reinigungsmittel und Chemikalien einführen. Für kleine und mittlere Unternehmen werden Übergangsfristen von 18 Monaten gelten. Nach der Batterie-Verordnung ist für alle neu in der EU auf den Markt gebrachten Transaktionsbatterien, Batterien von Zweirädern und Industriebatterien, die eine Kapazität von mehr als 2 kWh haben, ein digitaler Produktpass (“Batteriepass”) ab Februar 2027 gesetzlich vorgeschrieben. Weitere produktspezifische DPP werden hier folgen, wie die aktuell bekannte Zeitplanung zeigt [2]:
Der DPP vereinfacht die Umsetzung weiterer ESG-relevanter Regulatorik im Unternehmen. Beispielsweise können Datenerhebungen für die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)-Berichtspflicht zu Klimawandel (gilt auch für CBAM zu Treibhausgasemissionen,), Umweltverschmutzungen und Kreislaufwirtschaft durch den DPP verbessert werden.
Weiter können Angaben zu Sorgfaltspflichten in der Lieferkette optimiert werden, die sich bspw. auf gesetzliche Vorgaben der CSRD, dem Lieferkettengesetz (LkSG) bzw. der erweiterten europäischen Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) beziehen [3]. Auch das Einhalten von spezifischen europäischen Verordnungen wie Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals (REACH) und Restriction of Hazardous Substances (RoHs), sowie Kreislaufgesetzen, wird durch höhere Transparenz zu relevanten Daten mit Hilfe des DPP erleichtert.
DPP kombiniert mit Blockchain schafft mehr Vertrauen und Ausfallsicherheit, und das Wertschöpfungsketten-übergreifend
In den vergangenen Jahren wurde bereits ein unabhängiger Standard, “ECLASS”, etabliert [4]. Dieser setzt Standards für den digitalen Austausch von Produktstammdaten über verschiedene Branchen, Länder, Sprachen und Organisationen. Produkte und Dienstleistungen werden klassifiziert und eine globale und effiziente Interaktion zwischen Handelspartnern, Unternehmen oder sogar Maschinen durch den Austausch standardisierter Stammdaten ermöglicht. Damit werden heute bereits Herausforderungen adressiert, bspw. die Harmonisierung verschiedener Terminologien oder Artikelnummern an den Schnittstellen.
Weitere Potenziale für die zukünftige Abbildung relevanter DPP Informationen und einem Vorgehensmodell werden mit Blockchain gesehen [5]:
Darüber hinaus gibt es einige Anbieter, die sich mit den Herausforderungen für eine Umsetzung des DPP mit Blockchain beschäftigen, wie bspw. Verfügbarkeit von Informationen, einheitliche Datenformate, sowie standardisierte Schnittstellen zur Überführung von Daten aus ERP Systemen in die Blockchain.
Ganzheitliche Betrachtung und frühzeitige Einbindung relevanter Fachbereiche für einen erfolgreichen Start in die Transformation
Für die Ausgestaltung innerhalb von Unternehmen gibt es einige Implikationen auf die bestehenden Prozesse bzw. Strukturen im Produktherstellungsprozess mit dem DPP:
Weitere prozessuale und strukturelle Auswirkungen variieren je nach Unternehmen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass sich hier Vorstudien bspw. zur Feststellung von relevanten Bereichen, Schnittstellen und Kommunikationspartnern bewährt haben.
Kooperation innerhalb und außerhalb des Unternehmens fördern und Handlungsbedarf über TOM-Analyse ableiten
Entlang der Wertschöpfungskette wird es mit dem DPP immer relevanter, nicht nur Daten-seitig für mehr Transparenz zu sorgen, sondern auch das bisherige Zusammenarbeits- und Kommunikationsmodell anzupassen. Durch den DPP entstehen neue Möglichkeiten des Branchen-, Standort-, und Technologie-übergreifenden Austausches:
Neben diesen Kernaspekten ist die Analyse des Target Operating Models (TOM) ein geeigneter Ansatz, um Anforderungen für ein nachhaltig funktionierendes Zusammenarbeitsmodell abzuleiten. Dabei sollten auch die Geschäftsstrategie sowie laufende Projekte bzw. Maßnahmen berücksichtigt werden:
Mit der Durchführung einer TOM-Analyse können für die Umsetzung des DPP zeitnah Abhängigkeiten zwischen Bereichen, sowie außerhalb des Unternehmens identifiziert werden. Außerdem können in Verzahnung mit Prozessen & Strukturen auch ablauf- bzw. aufbauorganisatorische Anpassungen abgeleitet und über einen strukturierten Transformationsplan umgesetzt werden.
Die TOP5 Erfolgsfaktoren für den erfolgreichen Einsatz Digitaler Produktpässe sind:
Daneben sind wir auf der Suche nach aktuellen Beispielen für die Umsetzung des DPP auf den Anbieter R-Cycle gestoßen, der einen offenen, weltweit anwendbaren und akzeptierten Rückverfolgungsstandard für Kunststoffprodukte bietet. Ein konkretes Beispiel zeigt, wie relevante Produktdaten einfach, standardisiert und über Unternehmensgrenzen hinweg über die Umsetzung eines DPP aggregiert werden können. Die in einem Deutschen KMU hergestellten und vertriebenen Pflanzentöpfe bestehen nicht nur zu mindestens 80 Prozent mechanisch recyceltem Kunststoff und sind gleichzeitig voll recyclingfähig – dank der DPP Lösung sind die Materialdaten zudem exakt nachvollziehbar [6].
Klar ist: Der digitale Produktpass sorgt für mehr Transparenz von grünen Produkten und gewinnt weiter an Relevanz. Dabei können sich die Erfolgsfaktoren im europäischen Raum erst durch Standardisierung und einheitliche Richtlinien für den Einsatz richtig entfalten.
Und das unserer Meinung nach Wichtigste: Sie ermöglichen mit dem DPP Ihren Kunden, noch „grünere“ Kaufentscheidungen zu treffen, die letztlich lineare durch zirkuläre Verbrauchsmuster ersetzen. Denn wer von uns würde es nicht vorziehen umweltfreundliche, kreislaufwirtschaftlich-orientierte und menschenrechtskonforme Produkte zu kaufen? Insofern wird der DPP auch zentrales Element Ihrer Kundenbeziehungen sein!
Sie stehen vor der Frage, welche Auswirkungen die EU-Ökodesign Verordnung für Sie haben könnte, oder wie Sie den DPP mit möglichst geringem Aufwand sicher umsetzen könnten?
Sprechen Sie uns an! Unsere Experten unterstützen Sie dabei, Ihren individuellen DPP Transformationspfad zu entwickeln.