Mehr Transparenz über grüne Produkte und Assets:
Trends zum Einsatz von Blockchain

#DLT #Reporting #DigitalerProduktpass #GreenBonds #Tokenisierung

In einer Welt, in der Nachhaltigkeit nicht nur ein Trend, sondern eine Notwendigkeit geworden ist, stehen Unternehmen und Investoren vor der Herausforderung, grüne Produkte und Assets transparent und vertrauenswürdig zu gestalten. Wie können wir sicherstellen, dass unsere grünen Bemühungen mehr als nur ein Marketingtrick sind? Die Antwort könnte in der Blockchain liegen. In diesem Artikel erforschen wir die neuesten Trends im Bereich der Blockchain-Technologie, die eine Ära der Transparenz in der Nachhaltigkeitsberichterstattung einläuten – von digitalen Produktpässen bis hin zu Green Bonds.

In den vergangenen Jahren vergrößerten sich mit weltweit steigender Relevanz von Nachhaltigkeit auch die regulatorischen Anforderungen bzw. Berichtspflichten. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung (Non Financial Reporting Directive, NFRD) ist seit 2014 in Europa für ausgewählte Unternehmen verpflichtend. Mit dessen Reform im Rahmen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ändern sich Umfang und Art der Berichterstattung ab 2024 tiefgreifend (mehr hierzu lesen Sie in unserem Whitepaper[1]). Neben regulatorischen Gesichtspunkten wird die Transparenz über grüne Produkte bzw. Investitions- und Anlagemöglichkeiten ebenfalls immer interessanter und relevanter am Markt. In diesem Zusammenhang haben wir uns auf die Suche nach den TOP-Trends zu Nachhaltigkeit in Zusammenhang mit Blockchain gemacht.

Trend#1: Blockchain als Enabler für digitale Produktpässe entlang der Wertschöpfungskette

Was ist ein Digitaler Produktpass?

Digitale Produktpässe sind elektronische Dokumente, die detaillierte Informationen über ein Produkt enthalten, wie z.B. seine Herkunft, Materialien, Herstellungsprozess und mögliche Recyclingoptionen. Eine der wohl größten Herausforderungen für die Konzeption von digitalen Produktpässen ist jedoch ausreichende Daten- und Informationstransparenz entlang der jeweils relevanten Lieferkette. Häufig ist daher unklar, welche relevanten Merkmale eines Produktes neben der Materialzusammensetzung zu berücksichtigen sind um sich nachhaltiger aufzustellen. Beispiele dieser Merkmale können u.a. weitere Abhängigkeiten zu Lieferanten oder Herstellern, Produktnutzung, Reparatur und sachgerechte Entsorgung sein.

Mehr Transparenz, bitte!

Blockchain Technologie kann hierbei Enabler zur ganzheitlichen Abbildung von allen relevanten Produktinformationen in Form des Digitalen Produktpasses sein. Dabei gibt es einige Potenziale (hier ausgewählte Beispiele, mehr zu lesen gibt’s im IW-Report [2]):

Minimierung von Transaktionskosten und Vertrauensproblemen

  • Die dezentrale Architektur der Blockchain basiert auf Self-Sovereign Identities (SSI), womit jeder Akteur der Wertschöpfungskette eines Produktes eine eigene digitale und anonyme Identität erhält, um Daten bereitzustellen.
  • Damit werden Vorbehalte oder sogar Risiken in Bezug auf Daten-Offenlegung, und -herkunft minimiert und das Vertrauen aller involvierten Akteure gestärkt.
  • Zusätzlich werden Transaktionskosten reduziert, da alle Teilnehmenden jederzeit Zugriff auf Daten und volle Transparenz darüber erhalten – die benötigten Informationen sind also ganzheitlich verfügbar und verwertbar.

Reduzierung von Lieferkettenabhängigkeiten und Informationsasymmetrien

  • Produktnutzer, -Verwerter, und -Recyclingunternehmen können die Produktzusammensetzung nachvollziehen, Produktdaten und -informationen hinzufügen und haben Einsicht in Produktanwendung und -reparatur.
  • Damit sind Unternehmen nicht mehr davon abhängig, sich Daten von dem vorausgehenden oder nachfolgenden Akteur der Wertschöpfungskette einzuholen.
  • Die Blockchain Architektur ermöglicht es hier weiter, jeweils individuell über die Informationsbereitstellung zu entscheiden.

Reporting in grünen Dimensionen!

Ein Digitaler Produktpass könnte so in verschiedenen Nachhaltigkeitsdimensionen Mehrwerte generieren:

  • Ökologische Nachhaltigkeit: Der Ursprung und die Zusammensetzung von Produkten wird transparenter gemacht und verwendete Materialien bzw. Produkte können so in einer Kreislaufwirtschaft zurückgeführt und recycelt werden.
  • Ökonomische Nachhaltigkeit: Durch erhöhte Informationsgenauigkeit können neue Kosten- und Bezahlmodelle realisiert werden, bspw. in Bezug auf Mengen-/Materialbedarfe, da eine exaktere Bedarfsplanung und Verrechnung entlang der Wertschöpfungskette erfolgen kann.
  • Sozial-ökologische Nachhaltigkeit: Endkonsumenten können auf Basis von erweiterten Produktinformationen bewusst nachhaltigere Kaufentscheidungen treffen, bspw. für lokale oder CO2-neutrale Produkte.

Die Visualisierung und Analyse der relevanten Daten hat übergreifend Relevanz für alle Akteure in der Wertschöpfungskette von (vorrangig) tangiblen Produkten, vom Hersteller bis zum Endkonsumenten. Eine Normierung bzw. Definition von Standards zu Angaben im Digitalen Produktpass ist bereits Bestandteil der europäischen Batterieverordnung und der europäischen Ökodesign-Verordnung. Wesentliche Reporting-Informationen sind hier bspw. Produktname und -produzent, Eigenschaften und Herstellungsort sowie Angaben zu umweltbezogenen und sozialen Indikatoren, etwa zum CO2-Fußabdruck oder zur Einhaltung des Lieferkettengesetzes. Zukünftig wird es in diesem Bereich weitere Standardisierung zur Berichterstattung geben, um harmonisierte Europäische Normen zum System des Digitalen Produktpasses zu entwickeln [3].

Trend #2: Transparenz über Emissionen von Green-Bonds mit Hilfe der Distributed ledger technologie (DLT)

Was sind Green Bonds?

Green Bonds werden als Anleihen ausgegeben, um speziell zur Finanzierung von Projekten mit positiven Umweltauswirkungen, wie bspw. für Windparks oder für nachhaltige Abfallbewirtschaftung zu unterstützen. Der erste Green Bond wurde 2007 von der Europäischen Investitionsbank (EIB) ausgegeben, was diesen Finanzierungsmechanismus initial ins Leben rief.

In Deutschland werden Green Bonds durch die allgemeinen Vorschriften für Anleihen reguliert, die im deutschen Wertpapierhandelsgesetz und anderen relevanten Vorschriften enthalten sind. Um über diese allgemeinen Vorschriften hinaus auch die grüne Natur der Anleihen zu zertifizieren und zu gewährleisten gibt es zusätzlich spezifische Rahmenwerke und Standards, die bislang jedoch nur auf freiwilliger Basis bestehen. Ein solcher Standard sind die Green Bond Principles (GBP, [5]), die von der International Capital Market Association (ICMA) entwickelt wurden. Diese Prinzipien sind freiwillige Richtlinien, die Transparenz und Offenlegung fördern und dabei helfen sollen, die Mittel aus den Anleihen für grüne Projekte zu verwenden.

Die GBP enthalten vier Komponenten, die Emittenten von Green Bonds berücksichtigen sollten:

  • Verwendung der Emissionserlöse: Wie die Emissionserlöse verwendet werden, beschreibt das Anleiheprospekt. Neun Kategorien von Projekten sind Green Bond-fähig: von erneuerbaren Energien über nachhaltiges Abfallmanagement bis hin zu sauberen Mobilitätsprojekten (weitere Details zu den Kategorien unter [4]).
  • Prozess der Projektauswahl: Der Emittent legt offen, nach welchen Kriterien er grüne Projekte auswählt und bewertet. Auch die Nachhaltigkeitsziele des Projektes legt er dar.
  • Management der Erlöse: Die eingesammelten Erlöse sind gesondert zu verwalten. Ein formaler interner Prozess stellt sicher, dass die Erlöse ausschließlich für die Kredit- und Investitionstätigkeiten der grünen Projekte verwendet werden.
  • Berichterstattung: Mindestens einmal pro Jahr informiert der Emittent über die Investitionen, bis die Mittel vollständig zugeteilt worden sind.

Mehr Vertrauen, weniger “Greenwashing”!

Im Rahmen dieser GBP hat auch die deutsche Regierung eigene Green Bonds emittiert, um die Finanzierung von nachhaltigen Projekten im Bundeshaushalt zu unterstützen und gleichzeitig die Entwicklung des Marktes für nachhaltige Anleihen zu fördern. Die Motivation zur Ausgabe von Green Bonds von weiteren Deutschen Emittenten, als auch die Nachfrage bei privaten und institutionellen Anlegern wurde jedoch durch “Greenwashing”-Skandale getrübt. In der Vergangenheit wurden die freiwilligen und nicht regulierten Standards nicht ernst genug genommen und bspw. ESG-Kriterien „grüner dargestellt“, als sie wirklich sind [5]. Das führt zu Vertrauensverlusten der Anleger, und höherem Risiko für die Auflage bei Emittenten. Um diese Herausforderungen zukünftig zu adressieren und das Vertrauen in Green Bonds, einerseits als Finanzierungsinstrument, sowie als Anlageoption, zu erhöhen kann Blockchain eine Schlüsseltechnologie darstellen.

Erste Beispiele für den Einsatz von Blockchain-basierten Green Bonds zeigte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), die in 2022 im Rahmen des Projekts “Genesis”[6] zwei Prototypen durchführte, in Kooperation mit Goldman Sachs, Allinfra und einem privaten Digital Asset Konsortium (Projekt Genesis 1.0), sowie mit InterOpera (Projekt Genesis 2.0).

Dabei diente die Blockchain dazu, die über Sensoren erfassten Daten von Windparks zu speichern und Anteile bzw. von dem Windparkbetreiber emittierte Anleihen an Kleininvestoren zu verkaufen. Es wurden Standards über das tatsächliche „Grün“ einer Emission geschaffen, und Anleger erhielten Echtzeit-Transparenz über die Umweltauswirkungen der Verwendung von Erlösen aus den grünen Anleihen. Auch die ESG-relevanten Daten zur Nachhaltigkeit wurden messbar gemacht und konnten in der Blockchain gespeichert werden. Die hier verwendete Distributed Ledger Technologie (DLT, verteiltes Kontenbuch) mit Zugangsbeschränkung zur Tokenisierung der Assets zeichnet sich durch geringe Energie-Intensität aus und bestärkt damit auch den Nachhaltigkeitsgedanken für den Einsatz der Blockchain. Die Prototypen zeigen Potenziale auf, Emissionen zukünftig anhand von Green Bonds mit einer Blockchain transparent und wahrheitsgetreu auszuweisen. [7]

Mehr Standards, bitte!

Die oben genannten Skandale in Bezug auf “Greenwashing” sorgen nach wie vor für Unsicherheit auf Emittenten- und Anlegerseite. Die Beispiele oben zeigen jedoch, dass Green Bonds als tokenisiertes Asset einige Vorteile bieten, allen voran die erhöhte Transparenz und Vertrauensbasis für die verfügbaren grünen Daten und Entwicklungen. Insbesondere für Emittenten hat die Ausgabe von Green Bonds Vorteile, da neben der grünen Berichterstattung auch die grüne Geschäftsausrichtung signalisiert und Vertrauen in die grünen Anlageklassen generiert wird. Insbesondere Banken können durch die Tokenisierung von emittierten Green Bonds für Privatanleger bilanzielle Auswirkungen (Bilanzverschlankung) nutzen. Für Anleger bietet dieses Modell ebenfalls Vorteile: Zum einen wird (Kleinst-)Investoren ermöglicht, sich an illiquiden Projekten zur Bekämpfung der Energiewende zu beteiligen. Zum anderen erhöht die DLT mit Zugangsbeschränkungen die Sicherheit der offengelegten Nachhaltigkeitsdaten und verringert so das Risiko von “Greenwashing”.

Zukünftig werden weitere europäische Standards und Richtlinien benötigt, um Investitionen in diese Anlageklasse weiter zu regulieren und vor allem einheitliche Reporting Standards zu etablieren. Green Bonds bleiben eine Anlageklasse mit großem Potenzial und steigender Nachfrage. Weitere Deutsche Beispiele am Markt sollten somit nicht lange auf sich warten.

Fazit: Vertrauen ist gut, Blockchain ist besser!

Mit den vorangegangen TOP-Trends für Digitale Produktpässe und Green Bonds lassen sich die nachfolgenden Erfolgsfaktoren übergreifend zusammenfassen:

  1. Die Nutzung der DLT mit Zugangsbeschränkungen schafft Vertrauen und minimiert das Risiko von „Greenwashing“
  2. Eine Vielzahl von Nachhaltigkeitsparametern kann (in Echtzeit) zugänglich und auswertbar gemacht werden
  3. Bilanzielle Effekte können durch Tokenisierung von ausgegebenen Green Bonds erzielt werden
  4. Zugang zu grünen Investitionen bzw. Projekten kann für institutionelle und Privatanleger erweitert bzw. geschaffen werden

Klar ist: Blockchain für mehr Transparenz von grünen Produkten und Assets gewinnt weiter an Relevanz. Dabei können die Erfolgsfaktoren sich im europäischen Raum erst durch Standardisierung und einheitliche Richtlinien für den Einsatz von DLT für Nachhaltigkeit richtig entfalten.

Wir haben Ihr Interesse für mögliche Reporting-Lösungen von Nachhaltigkeitsparametern für regulatorische Berichterstattung oder Einsatzmöglichkeiten von Blockchain Technologien und Tokenisierung geweckt?

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Quellen und weiterführende Informationen

[1] https://www.horn-company.de/wp-content/uploads/2023/06/4.RLK-2023-HC-ePaper-ESG_060623.pdf

[2] https://www.din.de/de/mitwirken/normenausschuesse/nia/digitaler-produktpass

[3] https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/Report/PDF/2023/IW-Report_2023-Digitaler-Produktpass.pdf

[4] https://www.icmagroup.org/assets/documents/Sustainable-finance/2022-updates/Green-Bond-Principles-June-2022-060623.pdf

[5] https://www.ft.com/content/38be4231-21cf-46e3-8b6a-88a4e923f01c

[6] https://www.bis.org/publ/othp58.pdf

[7] https://www.lbbw.de/perspektiven/themenspecials/emissionshandel/news/tokenisierung-im-emissionshandel_ae6nicmobp_d.html

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