Kurz-erklärt: Verabschiedung der technischen Bewertungskriterien der nicht klimabezogenen Umweltziele – Implikationen für den ESG-Datenhaushalt

Autoren:

  • Moritz Keilhauer, Senior Associate
  • Dr. Bastien Karlhofer, Associate
  • Dr. Oliver Küchle, Partner

Im ersten Blogartikel unserer Serie haben wir die jüngsten Entwicklungen im Bereich der EU-Nachhaltigkeitsregulierung beleuchtet. Die Europäische Kommission hat nunmehr technische Bewertungskriterien für alle sechs Umweltziele der EU-Taxonomie definiert, was erhebliche Auswirkungen auf Investitionsentscheidungen und Nachhaltigkeitsberichterstattung in Unternehmen hat. Besonders Banken und Sparkassen stehen vor Herausforderungen bei der Umsetzung dieser Regulierungen, die auch eine umfangreiche Weiterentwicklung bisher verwendeter Automatisierungs- und Taxonomietools erfordern.

Das folgende Schaubild zeigt noch einmal eindrucksvoll, dass die Europäische Nachhaltigkeitsregulatorik ein immer engeres Netz knüpft, welches sowohl Banken, als auch Wirtschaftsunternehmen, verbindet. Dies veranschaulicht, dass Banken in der Thematik der Nachhaltigkeit und der Umleitung von Investitionen und Finanzflüssen in nachhaltige Aktivitäten eine zentrale Rolle spielen.

Implikationen stetig steigender Datenanforderungen für den Bankensektor

Die steigenden Anforderungen der Taxonomie an das Nachhaltigkeitsberichtswesen sowie an die Datenverfügbarkeit und -analyse im Bankensektor bringen bedeutende Herausforderungen mit sich. Es stellt sich die Frage, ob Banken und Sparkassen den zusätzlichen Aufwand langfristig intern bewältigen können. Bereits heute verzeichnet daher die Nachfrage nach Automatisierungstools und technischen Hilfsmitteln für die Taxonomieberichterstattung ein kontinuierliches Wachstum. Genau dort wollen sogenannte Taxonomierechner und -tools, die auch bei unvollständigen Datenbeständen einen Teil der erforderlichen Taxonomiedaten generieren und abbilden sollen, ansetzen.

Welche Taxotools gibt es und wer nutzt diese?

Prominente Beispiele solcher Taxonomietools sind der „DSGV-Taxonomierechner“ in seiner Version 2.0, der von vielen Sparkassen für das Berichtsjahr 2022 genutzt wurde, das in Kooperation von VÖB und dem Schweizer KI-Unternehmen Dydon AI entwickelte „Taxo Tool“ sowie der Taxonomierechner „Schufa ESG-Solution“. Diese Tools weisen bereits jetzt deutliche Unterschiede in ihren Anwendungsbereichen, Zielen und dem erreichten Abdeckungsgrad der Taxonomieberichterstattung auf. Ursache dafür ist, dass derzeit noch keine Standards existieren, weder in Bezug auf Datenanforderungen noch in Bezug auf den Rahmen für ESG-Berichtspflichten, die durch ihre Nutzung abgedeckt werden sollen. Ähnlich wie im Bereich der ESG-Ratings entwickelt sich der Markt aufgrund der Herausforderungen durch nachhaltigkeitsgetriebene Regulierungen schneller, als breite Lösungen und Standards etabliert werden können.

Weiterentwicklungsbedarf wird durch neue technische Bewertungskriterien noch weiter verschärft

Die bestehenden Taxonomietools müssen für das Berichtsjahr 2023 gleich auf drei Arten weiterentwickelt werden, um mit den steigenden Berichtsanforderungen Schritt zu halten. Erstens müssen sie um die Berichtsanforderungen der Taxonomiekonformität erweitert werden. Zweitens müssen neu hinzugekommene Wirtschaftstätigkeiten für die ersten beiden Umweltziele zur Bestimmung der Taxonomiefähigkeit miteinbezogen werden und drittens muss auf Basis der neuen technischen Bewertungskriterien die Berechnungsgrundlage für die Taxonomiefähigkeit für die vier nicht-klimabezogenen Umweltziele geschaffen werden.

Perspektivisch muss die Taxonomiekonformität umfassend über alle Wirtschaftsaktivitäten und Umweltziele ab dem Berichtsjahr 2024 dargelegt werden, was die Komplexität der Weiterentwicklung auch mittelfristig weiter in die Höhe treibt. Welchen Abdeckungsgrad der Taxonomieberichtsanforderungen die heutigen Taxotools zukünftig liefern können und inwiefern eine Inkorporation der Anforderungen überhaupt möglich ist, ist aktuell nicht absehbar.

Welche Herausforderungen & Chancen gibt es?

Angesichts der kontinuierlich steigenden regulatorischen Anforderungen müssen sowohl Banken als auch die Anbieter von Taxonomietools ständig Anpassungen vornehmen, um mit den aktuellen Entwicklungen Schritt zu halten. Dies bedeutet, dass die Auswahl und der Umfang der richtigen Automatisierungstools sorgfältig abgestimmt werden müssen, um die jeweilige Unternehmenssituation, den spezifischen Datenhaushalt und die individuellen Anforderungen an die Berichterstattung zu berücksichtigen. Eine vorrausschauende Aufstellung des eigenen Hauses und eine intensive Auseinandersetzung mit Nachhaltigkeitsthemen zahlt in jedem Fall wesentlich auf die Qualität der eigenen Nachhaltigkeitsberichterstattung ein.

Nachhaltigkeit ist keine vorübergehende Modeerscheinung, sondern wird in den kommenden Jahren ein beherrschendes Thema bleiben. Horn & Company unterstützt Finanzdienstleister bei allen Nachhaltigkeitsthemen: von der Integration von ESG-Risiken in den Investitionsentscheidungsprozess, der Identifikation von nachteiligen Nachhaltigkeitsauswirkungen bis zur Offenlegung durch Taxonomieberichterstattung inklusive Problemstellungen und Positionierungsfragen zu Ihrem ESG-Datenhaushalt. Daneben begleiten wir unsere Kunden bei der wirksamen Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsambitionen von der Strategie bis hin zu operativen Maßnahmen.

Im nächsten Teil unserer Taxonomie-Blogeintragsreihe wird exemplarisch erläutert, wie Banken Kredite nach den Vorgaben der EU-Taxonomie klassifizieren. Dabei werden die Anforderungen berücksichtigt und erläutert, wie die erforderlichen Daten beschafft werden können.