Principle Adverse Impact (PAI) Statements auf Unternehmensebene – Kurz erklärt

Autoren:

  • Dr. Torsten Költzsch, GEM-Consulting
  • Moritz Keilhauer, Horn & Company

Hintergrund

Die auch als Offenlegungsverordnung bezeichnete Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) ist Teil des EU Action Plan on Financing Sustainable Growth und des EU Sustainable Finance Frameworks. Sie verfolgt zusammen mit anderen Verordnungen und Direktiven das Ziel der EU, private Investitionen und Nachhaltigkeit miteinander zu verbinden (siehe auch: Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) – Kurz erklärt).

Finanzdienstleister im Anwendungsbereich der SFDR mit mehr als 500 Mitarbeitern müssen dazu unter anderem auf ihrer Internetseite eine “Erklärung zu den wichtigsten nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren“ veröffentlichen (Principle Adverse Impact – PAI). Für Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern besteht weiterhin ein Wahlrecht. Die erstmalige Veröffentlichung erfolgte zum 30.06.2023 für das Geschäftsjahr 2022, danach ist eine jährliche Aktualisierung erforderlich.

Anforderungen an die PAI-Erklärung auf Unternehmensebene

Die Anforderungen ergeben sich aus Artikel 4 der SFDR (Verordnung (EU) 2019/2088) und Artikel 4 bis 10 der RTS (technische Regulierungsstandards, Verordnung (EU) 2022/1288). Insbesondere müssen die Struktur und die Vorgaben aus Anhang I der Verordnung (EU) 2022/1288 eingehalten werden. Angaben zu nachteiligen Auswirkungen bezogen auf vorgegebene Nachhaltigkeitsindikatoren sind in tabellarischer Form darzustellen. Beispiele sind Informationen zu Treibhausgasemissionen (etwa Emissionen in Tonnen CO2-Äquivalente oder als Intensität bezogen auf den Umsatz) oder Informationen zu Biodiversität, Wasser, Abfall und über Soziales und Beschäftigung. Die Darstellung erfolgt in aggregierter Form für alle Unternehmen, in die investiert wird. Zusätzlich zu den Werten für das Berichtsjahr und das Vorjahr (in der ersten Veröffentlichung entfallen Zahlen zum Vorjahr) sind Informationen über “Ergriffene und geplante Maßnahmen und Ziele für den nächsten Bezugszeitraum” zu veröffentlichen. Ergänzend sind die Strategien zur Feststellung und Gewichtung der wichtigsten nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren, die Mitwirkungspolitik (Engagement Policies) und Angaben zur Bezugnahme auf international anerkannte Standards zu beschreiben.

Untersuchung ausgewählter PAI-Erklärungen und vorläufige Erkenntnisse

Aus Anlass der erstmaligen Veröffentlichung von PAI-Erklärungen auf Unternehmensebene auf den 30.6.2023 untersucht GEM Consulting die Erklärungen von unterschiedlichsten Finanzdienstleistern aus der EU und der Schweiz. Beispiele aus der Schweiz und Deutschland finden sich hier in der Übersicht:

Da es sich um die erstmaligen Erklärungen handelt, werden noch keine historischen Vergleichswerte ausgewiesen. Trends oder Angaben zur Wirksamkeit von ergriffenen Maßnahmen innerhalb eines Instituts können also zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beobachtet werden.

Trotzdem lassen sich erste Erkenntnisse gewinnen:

  • Im Vergleich zwischen den verschiedenen Erklärungen fallen schnell Unterschiede beim Detaillierungsgrad auf. Dies kann ein Hinweis auf die unterschiedlichen Erfahrungslevel der jeweiligen Finanzdienstleister sein, etwa mit der Integration von ESG bzw. den spezifischen PAIs in den Investment- und Anlageprozess oder der Gestaltung von nachhaltigen Finanzprodukten.
  • Übergreifend wird deutlich, dass die Datenverfügbarkeit weiterhin eine Herausforderung darstellt und dies auch für Institute gilt, die Daten von mehreren Datenprovidern beziehen. Während Daten betreffend CO2-Emissionen gut verfügbar scheinen (mit teils über 90% Datenverfügbarkeit für die Unternehmen, in die investiert wird), gehören “8. Emission in Wasser”, “9. Anteil gefährlicher und radioaktiver Abfälle” oder “12. Unbereinigtes geschlechtsspezifisches Verdienstgefälle” zu den Nachhaltigkeitsfaktoren mit der derzeit schlechtesten Datenverfügbarkeit. Die Verfügbarkeit beträgt hier teilweise weniger als 10%.
  • Ebenso fällt eine Zurückhaltung auf, mehr als die geforderten Informationen zu liefern. Aus den Tabellen 2 und 3 im Anhang I der Verordnung (EU) 2022/1288 müssen die berichtenden Finanzdienstleister jeweils mindestens einen weiteren Nachhaltigkeitsfaktor auswählen. Kaum einer der bisher untersuchten Finanzdienstleister geht über die Mindestanforderung hinaus.

Herausforderungen & Chancen

Die Herausforderungen der SFDR für Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater bleiben hoch, dies bezieht sich insbesondere auf die Verbesserung von Datenverfügbarkeit und -qualität. Sobald Unternehmen jedoch gemäss EU CSRD oder IFRS ISSB berichten, sollte sich die Datenlage wesentlich verbessern: Nach der SFDR berichten Finanzdienstleister über alle Nachhaltigkeitsfaktoren. Gemäß CSRD werden Unternehmen nur über die Nachhaltigkeitsthemen berichten müssen, die für sie materiell sind. Nichtsdestotrotz werden sich bestehende Datenlücken schließen, denn heute fehlt grundsätzlich die Information, ob ein Thema wie „Biodiversität“ überhaupt für ein Unternehmen materiell ist oder nicht.

Noch bedeutsamer erscheint jedoch, dass ab dem zweiten und jedem zukünftigen Bericht ein quantitativer und qualitativer Vergleich mit dem Vorjahr des jeweiligen Finanzdienstleisters möglich wird. Im Abschnitt “Historischer Vergleich” ist sogar auf die Entwicklung über die letzten fünf vorangegangenen Zeiträume einzugehen. Mögliche Schwachstellen – hinsichtlich “Steuerung” auf Basis von Nachhaltigkeitsfaktoren – in der eigenen Methode zur ESG-Beurteilung von Unternehmen und Staaten oder in den eigenen Investmentstrategien könnten dann erkennbar werden. Anschliessend könnten sie von Kunden oder anderen Stakeholdern kritisch hinterfragt werden. Spätestens dann werden die Finanzdienstleister also liefern müssen, um ihre Reputation nicht zu beeinträchtigen.

GEM-Consulting und Horn & Company unterstützen Finanzdienstleister bei allen SFDR-Anforderungen: von der Integration von ESG in den Investitionsentscheidungsprozess, über die Anpassung von Anlagestrategien, die Identifikation von nachteiligen Nachhaltigkeitsauswirkungen bis hin zur Offenlegung. Darüber hinaus begleiten wir unsere Kunden bei der wirksamen Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsambitionen von der Strategie bis hin zu operativen Maßnahmen.